Durch die Straßen Kisumus

Kenia 2023

Mittlerweile kenne ich meine Wege durch diese Stadt. Kisumu ist schon lange nicht mehr fremd für mich und ich fühle mich mittlerweile sehr wohl hier. Die drittgrößte Stadt Kenias ist eine afrikanische Stadt wie jede andere und doch hat sie ein anderes Flair. Sie überzeugt mit einem etwas anderen Ambiente und ihrem Charme.

Kisumu ist jedoch nicht sehr touristisch, zumindest nicht für mich. Wie schon des Öfteren erwähnt, liegt diese sympathische Stadt am Viktoria See. Gerade die Ufer des Sees und die Hügel rund um die Stadt bieten eine gute Lage für modernes Wohnen und somit findet man hier viele Villen und Familienhäuser. In diesen Gebieten wohnen auch hauptsächlich Leute aus Westkenia und Indien. Ich wohne zurzeit im Stadtteil Kibule, der ziemlich im Zentrum liegt und optimal ist, um zu Fuß in die Stadt zu gehen. Allerdings wohnen wir noch in einem AirBnb und das werden wir jetzt bald ändern. Was Kisumu in meinen Augen noch fehlt bzw. was ich vielleicht auch noch nicht entdeckt habe, sind kleine gemütliche Cafés. Gerade weil hier auch viele Leute aus dem Ausland wohnen, würde es sich tatsächlich anbieten bzw. fände ich das noch cool, mehr gemütliche Internetcafés einzurichten. Nur um meine Meinung kundzutun und auf hohem Niveau zu nörgeln 😉.

Was ich jetzt schon öfter gehört habe ist, dass Kisumu auch bei den Kenianer:innen unterschätzt wird. Viele kommen für einen Kurztrip hierher oder sind nur auf der Durchreise. Dabei stellen die meisten fest, dass Kisumu eine Stadt ist, die lebt und viel mehr mit sich bringt, als ihr Ruf vielleicht verspricht. Deshalb kommen viele der Besucher: innen immer wieder zurück und genießen den Charme dieser Stadt für länger.

Ich bewege mich entweder allein durch die Straßen Kisumus oder mit meinem Freund und glaub mir, es macht doch einen Unterschied, ob wir zu zweit sind oder ob ich alleine bin. Erstens einmal ziehe ich natürlich die Aufmerksamkeit auf mich, schon aufgrund meiner Hautfarbe, und zweitens bewege ich mich ganz anders, wenn ich allein durch die Stadt gehe. Was bei mir noch dazukommt ist, dass ich in keinem „Ausländerteil“ der Stadt lebe, sondern mitten unter den Einheimischen und ich mich somit auch durch Gegenden zu Fuß bewege, wo jetzt vielleicht nicht allzu viele Muzungus sich . Auf der Strecke, die wir ziemlich oft gehen, kennen mich mittlerweile viele und ich stelle keine zu große Attraktion mehr dar. Jetzt ist es eher so, dass ich immer wieder kurz stoppe, um mit diesen Menschen zu reden und mich kurz auszutauschen oder im Vorbeigehen wird sich gegenseitig kurz zugewunken.

Ein Boda Boda Fahrer, den wir noch von April kennen, fragt mich jedes Mal, wenn ich allein durch die Straßen gehe, wo denn mein Freund sei. Du stehst hier also unter absoluter Beobachtung, was Vorteile und Nachteile hat. Ich sehe den großen Vorteil darin, dass ich immer weiß, wenn ich allein auf den Straßen bin, ist jemand da, der mir in einer Notfallsituation zu Hilfe kommen würde und das ist ein gutes Gefühl. Keine Sorge, ich dachte mir gerade heute wieder, wie wohl und sicher ich mich hier fühle. Ich hatte den Rucksack am Rücken und fühlte mich nicht einmal bedroht oder dazu gedrängt den Rucksack nach vorne zu nehmen.

Ich liebe es durch die Straßen von Kisumu zu gehen. Meistens stecke ich mir einen Airpod ins Ohr, höre Musik und bewege mich dann durch die Straßen. Dann gehe ich hocherhobenen Hauptes und mit guter Laune durch die Stadt. Oft pfeife oder singe ich leise zur Musik. Dann ein kurzes, „Fine, how are you?“, da und ein, „Hapana, asante!“ hier und weiter geht es. Wahnsinn, dass ich das alles erleben darf, und dass dieses vor so vielen Jahren schüchterne Mädchen nun als selbstbewusste, starke junge Frau mir nichts dir nichts durch die Straßen geht und die Freiheit und Unabhängigkeit genießt. Was das mit einem macht im Ausland zu leben, spürt man oft erst später und wird vielen erst viel später bewusst, doch ich habe mich in den letzten vier Monaten so was von weiterentwickelt, dass ich manchmal selbst erstaunt bin, wohin mich meine Reise brachte, und dass ich meinem Traum nun tatsächlich eine Chance gebe und lebe.