Ein Teil von mir

Uganda 2015

Nun kommt ein sehr persönlicher Beitrag. Als ich damals in Uganda war, 2015, verbrachte ich mehr als die Hälfte meiner Zeit in einem Hotel neben der Organisation. Dort lernte ich das Personal ziemlich gut kennen, zumindest eine Person. Dieser junge Mann, war damals mein Fels in der Brandung. Täglich schaute er darauf, dass es mir gut ging. 

Es war Zeit für Celine und mich das Zimmer aufzuräumen, da wir von unserem Betreuungsteam abgeholt werden sollten und unsere Orientation Week in einem anderen Hotel verbringen würden. Wir waren gerade mitten im Packen. Die Tür stand halb offen. Der Gang war stockfinster. Es klopfte und ich machte die Türe auf. Vor mir nichts als Dunkelheit. Plötzlich bewegte sich etwas in dieser Finsternis und eine Männerstimme fragte: „Girls are you ready! They will be here soon!“ Ich, sehr sehr leicht zu erschrecken, machte einen Sprung nach hinten. Wir packten weiter und dann wurden unsere Koffer nach unten getragen. 

Wir warteten fünf Stunden auf das Team. Während wir warteten, ging das Personal immer wieder an uns vorbei. Ich beachtete sie nicht groß, jedoch merkte ich, dass das Team uns genau unter die Lupe nahm und im Auge hatte. Wir wurden abgeholt und verbrachten die Orientation Week in einem anderen Hotel. Danach ging es ins Projekt, siehe Eintrag „Was läuft hier schief?“.

Eineinhalb Wochen später wurde ich wieder in das Hotel neben der Organisation, gebracht. Ein junger Mann trug meine Sachen in ein Zimmer und meinte er habe mich vor kurzem im Auto mit einem anderen Volunteer gesehen. Ich sprach ihn mit seinem Namen an und gestand ihm, dass ich schon seine Nummer von dem anderen Volunteer bekommen hatte. Dieser meinte nämlich, dass ich mich jederzeit bei dieser Nummer melden konnte. 

Während meiner Zeit im Hotel wurde dieser junge Mann, meine Hauptansprechperson. Er kümmerte sich liebevoll um mich und stellte sicher, dass es mir gut ging. Er lenkte mich von meiner Isolation in dem Hotel ab. Jeden Tag führten wir stundenlange Gespräche über Gott und die Welt. Der Balkon am Dach des Gebäudes, wurde unser täglicher Treffpunkt. Das war der einzige Ort der Abwechslung in den ersten vier Tagen. Zimmer, Essensbereich, Balkon, das war mein Revier. Irgendwann wurde ich ein Teil von diesem Hotel.

Als ich eines Tages beschloss in die Stadt zu fahren, war er gar nicht erfreut darüber. Ich versicherte ihm ein paar Mal, dass ich aufpassen würde und heil wieder zurückkomme. Er meinte nur, ich solle mich ja nicht verlaufen. Tja, Gott sei Dank gab es Boda Bodas – Motoräder. Ich verlief mich tatsächlich und wusste nicht mehr, wie ich zurückkommen sollte. Deshalb holte ich mir ein Boda Boda und ließ mich zurückführen. Als ich im Hotel ankam, stand er voller Besorgnis im Eingangsbereich. „Where have you been?“, fragte er mich. Auf die Frage „Did you get lost?“, antwortete ich nicht sofort und er wusste genau, dass ich mich verlaufen hatte. Er meinte nur: „Jeez, Alina. I told you not to go by yourself!”

Kampala war zu diesem Zeitpunkt auf jeden Fall sicher, jedoch für eine 19-jährige junge Europäerin, sehr intensiv. Ich erinnere mich noch, dass ich einmal die Straßenseite wechseln musste und durch eine Menge von Boda Boda Fahrern durchmusste. Ich wurde von allen Seiten angegriffen und festgehalten. Jeder wollte, dass ich mit ihm mitfahre und mich an mein Ziel bringen. Erstens hatte ich tatsächlich kein Ziel vor Augen und zweitens wollte ich einfach nur raus aus dem Hotel, denn die Organisation ließ mich einfach links liegen. 

An den Abenden verbrachte ich meine Zeit unten mit den Hotelangestellten, nachdem meine Bezugsperson einmal meinte, dass es für mich besser sei runterzukommen und nicht die ganze Zeit in meinem Zimmer zu versumpfen. Gesagt getan. Wir schauten Fußballspiele und Horrorfilme, naja, er stand bei den Fußballspielen immer wieder auf, wenn er sich über die Mannschaft ärgerte und ich versteckte mein Gesicht hinter seinem Rücken, wenn der Horrorfilm zu extrem wurde.

Nachdem ich in meine Gastfamilie kam, hatte ich keinen Kontakt mehr zum Hotel und war endlich angekommen, dachte ich. Eine Woche später, war ich wieder dort und buchte mein Ticket zurück in die Heimat. Ich erinnere mich noch bis zum heutigen Tag an das Gesicht meiner Bezugsperson im Hotel. Als er mich sah und ich ihm unter Tränen erzählte, dass ich heimfliegen werde, fiel sein Gesicht zusammen und er meinte nur ich solle mich zuerst beruhigen und dann reden wir. Ich habe mich beruhigt und das Ticket gekauft. Zwei Tage später, würde ich zurück in meine Heimat fliegen. 

Dann kam der Tag meiner Abreise. Die Organisation tauchte nicht auf. Ich war schon nervös hoch 50 und dann wurde er auch noch nervös. Er organisierte ein Taxi und wir machten uns zu dritt auf den Weg zum Flughafen. Beide meinten ich würde meinen Flieger erreichen, ich schaute aus dem Fenster und sagte ihnen, dass er dort oben gerade vorbeiflog. Tja, Ticket umbuchen und zweiter Versuch in fünf Tagen. Auf der Rückkehr vom Flughafen zum Hotel, wurde ich beinahe von einem Militärauto überrollt, hätte er mich nicht auf die Seite genommen. Die fahren ohne Rücksicht auf Verluste. Wir mussten nämlich anhalten, da wir kein Benzin mehr hatten.

Die nächsten fünf Tage verbrachten wir wieder sehr viel Zeit zusammen und fuhren auch immer wieder in die Stadt, um dort etwas Anderes zu Essen zu organisieren.  Das Essen vom Hotel hing mir zu dem Zeitpunkt dann doch bei den Ohren raus. Am Tag meiner Abreise war er nervös und rannte ständig auf und ab. Wir verabschiedeten uns kaum und ich war weg. Im Auto, wir waren noch nicht einmal weg vom Parkplatz, bekam ich die erste SMS von ihm und der Rest ist Geschichte.