Was läuft hier schief?

Uganda 2015

Während meiner Schulzeit kristallisierte sich immer mehr der Wunsch nach einer neuen Umgebung heraus. Ich wollte weg aus dem von Bergen umgebenen Innsbruck und raus in die weite Welt. Mir wurde sehr bald klar, dass ich nach Afrika wollte und das für sechs Monate. Ich suchte nach einer Organisation, mit der ich dieses Abenteuer bestreiten konnte. Sobald ich eine Organisation gefunden hatte, entschied ich mich dazu nach Uganda zu gehen. Warum Uganda? Naja, meine Oma war dort gerade im Urlaub und für mich machte es Sinn dort hinzugehen, da sie so von dem Land schwärmte und sagte, es sei sicher, auch für junge Frauen.

30 Tage nach meiner Matura machte ich mich auf den Weg. Der Koffer war vollgepackt mit Ideen, Vorstellungen und Motivation. Es war das erste Mal, dass ich alleine eine so weite Strecke flog und dann setzte das Heimweh auch noch ziemlich bald ein. Ich versuchte mich trotzdem darauf zu konzentrieren mit Freude in das Ganze hineinzugehen, denn immerhin, war es ja mein großer Traum einmal in Afrika ein Volontariat zu machen und ich hatte jetzt die Chance, diesen zu verwirklichen. Ich war jedoch nicht auf die ganzen großen Steine vorbereitet, die mir in den Weg gelegt werden würden.

Mein Flieger kam um 02:00 Uhr nachts an. Die Organisation versicherte mir, sie werde mich am Flughafen abholen und ich hatte ja fünf Notfallnummern, die ich alle jederzeit anrufen konnte. Mit ausgefülltem Visum ging es durch die Passkontrolle und weiter in den Gepäcksraum. Dann raus, das erste Mal alleine auf afrikanischem Boden, in einem mir noch fremden Land. Die Leute, die dort standen - tatsächlich nur Männer (Taxifahrer, Guides, Hotelangestellte) - waren von der ersten Minute an sehr hilfsbereit und höflich. Alle waren da, außer natürlich meine Organisation! Ich holte meinen Notfallzettel heraus und zwei junge Männer, die sahen, dass ich gestresst war, riefen für mich alle fünf Notfallnummern mindestens zwei bis drei Mal an. Um mittlerweile 3:00 Uhr in der Früh natürlich ohne Erfolg. Da stand ich, im Herzen von Afrika, mit meiner Gitarre, 19 Jahren und einem großen Traum, der von dieser Sekunde an zu bröckeln anfing.

Ein Glückspilz wie ich bin, flogen mit mir schon seit Frankfurt drei Damen mit. Die warteten mit ihrem Abholservice tatsächlich auf mich. Sie sahen nämlich, dass keiner hier war, um mich abzuholen und baten ihren Taxifahrer zu warten. Nachdem er merkte, dass alle Nummern ohne Erfolg angerufen wurden, sagte er zu mir ich soll mit einsteigen, er nimmt mich mit ins Hotel, wo die drei Damen schlafen werden. Fix und fertig und müde landete ich dann in einem großen, geräumigen, edlen Bungalow, wo ich den ersten Schock einfach einmal ausschlafen konnte.

Am nächsten Tag nahmen zwei Hotelangestellte alles in ihre Hand, dass ich endlich zur Organisation kam. Sie telefonierten mindestens fünf Mal mit ihnen und machten ihnen auch immer wieder klar, dass das nicht geht. Am Telefon meinte meine Organisation sie würden mich in zwei Stunden abholen. Aus zwei wurden drei, aus drei wurden vier. Dann kam Mittag, die Hotelangestellten baten mich etwas zu essen, was ich zuerst verweigerte, da ich ja jederzeit abgeholt werden würde. Da meinte der für mich Hauptverantwortliche im Hotel, ja dann müssen sie jetzt warten, nachdem du schon vier Stunden auf sie wartest. Und prompt kamen sie, als ich gerade zu Essen anfing. Die Hotelangestellten machten ihnen die Hölle heiß und ich aß in Ruhe mein Essen fertig, denn sie meinten sie holten mich in einer Stunde ab, da sie noch eine andere Volontärin am Flughafen abholen müssten. An diesem Tag wartete ich im gesamten neun Stunden, bis es dann endlich nach Kampala, der Hauptstadt von Uganda, ging.

Nach drei Tagen im Hotel in Kampala verlegte uns die Organisation in ein anderes Hotel in der Stadt. Es hieß, wir würden um 09:00 Uhr losfahren, tatsächlich ging es dann erst um 15:00 Uhr los. Tja, ich machte innerhalb von einer Woche schon zwei Mal Bekanntschaft mit der guten alten African Time. Hier ticken die Uhren tatsächlich anders als bei uns in Europa.

2015 war es noch nicht Usus, zumindest in Uganda, dass du dir eine SIM-Karte zulegst und dann immer und überall Internet hast. Das machte mir sehr zu schaffen und als wir in dem komplett abgelegenen Hotel waren, steigerte ich mich einmal so in meine Heimwehattacken hinein, dass ich herumhüpfte wie das Rumpelstilzchen. Das Heimweh wurde nicht besser und ich war zu diesem Zeitpunkt schon bald zwei Wochen in Uganda. Nach der Orientation Week ging es für uns alle in unsere Projekte. Wer hatte natürlich das abgeschiedenste und einsamste Projekt der Welt gewählt? Genau, ICH!

Ich wurde von einer Nonne abgeholt und wir begaben uns auf eine zweistündige Autofahrt ins Nirwana von Uganda, weit weg von jeglicher Zivilisation und jeglichem Leben. Ich sollte meine sechs Monate in einer Schule im absoluten Busch von Uganda verbringen. Die besten Voraussetzungen für jemanden, die zwei Wochen lang immer wieder mit Heimwehattacken zu kämpfen hatte.

Ich kam im Projekt an als noch ungefähr 50 Kinder dort waren. Ich war in einer Boarding School, das ist eine Internatsschule, was hier keine Seltenheit ist. Sie zeigten mir mein Zimmer und dann erklärte mir die Nonne, dass jetzt Ferien für die kommenden vier Wochen sind, das heißt alle Kinder werden nach Hause fahren. Wie kann man bitte Volontäre in ein Land holen und dann heißt es, ja du hast nichts zu tun, denn wir haben Ferien!!! Damals war ich leider noch nicht so mutig und abenteuerlustig mich in ein Safariauto zu setzen und das Land zu bereisen, diese nicht-getroffene Entscheidung, bereue ich tatsächlich bis heute.

Nachdem für mich einfach nichts zu tun war und es unvorstellbar für mich wurde drei Wochen dort zu bleiben, bat ich die Organisation das Projekt wechseln zu dürfen und ich bat auch darum, in Kampala bleiben zu dürfen, da dort einfach mehr los war. Als ich endlich abgeholt wurde, lernte ich, dass drei Volontäre vor mir, dieses Projekt auch abgebrochen hatten, da es einfach viel zu abgelegen und herausfordernd war, dort alleine zu sein.

Dann hieß es wieder warten nach African Time. Die Organisation hatte schon ein Projekt für mich, jedoch noch keine Familie und anstatt, dass ich zu dem Projekt gehen und etwas tun durfte, ließen sie mich im Hotel herumsitzen. Sie ließen mich tatsächlich links liegen. Die Zeit im Hotel, sollte jedoch mein Leben komplett verändern, jedoch folgt diese Geschichte ein anderes Mal.

Eine Woche später wurde ich dann endlich in eine Gastfamilie gebracht und von diesem Zeitpunkt an ging alles aufwärts. Ich hatte es geschafft. Ich hatte eine sehr nette Gastfamilie und das Projekt bestand aus so vielen unterschiedlichen Eindrücken, dass jeden Tag eine neue Herausforderung vor der Türe stand und immer etwas zu tun war. Dann wurde ich grippig, das hieß auch emotional und beschloss meine Koffer zu packen und nach Hause zu fahren.

Ich buchte meinen Flug und wäre drei Tage später nach Hause geflogen, an einem Sonntag. Tja, die Geschichte wäre ja nicht spannend, wenn nicht noch etwas passiert wäre. Ich wurde nämlich wieder vergessen! Somit versäumte ich meinen Rückflug nach Hause um eine Stunde und sollte den Flieger zwei Tage später nach Hause nehmen. Ich bat die Organisation mich drei Stunden früher zum Flughafen zu bringen, die schauten mich nur schräg an und meinten, dass sei viel zu früh. Das Hotelpersonal bestand jedoch darauf, dass dies so sei, damit ich diesen Flieger erreichen würde.

Tja, und so verbrachte ich statt sechs Monaten fünf Wochen in Uganda und seit meiner Rückkehr aus diesem Land, lebte der Traum meiner Afrikaaufenthalte nur noch mehr auf und war absolut nicht befriedigt. Jedoch war ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht reif, alt, mutig, stark, was auch immer genug, um es durchzuführen. Wer weiß für was es gut ist, denn ich glaube nicht, dass es so gekommen wäre, wie es jetzt ist, hätte ich damals die sechs Monate durchgehalten! Die Erfahrungen und Zeit in Uganda waren eine der härtesten, gleichzeitig auch eine der Besten und ich möchte sie nicht missen. Sie prägen mich tagtäglich und hielten einen Teil meiner Zukunft bereit, was ich damals noch nicht einmal geahnt hätte.